Mit ihrem legendären Doppelbock läutet die Paulaner Brauerei jedes Jahr Mitte März die Fastenzeit ein. Am Nockherberg hoch über der Isar treffen sich hierfür Schickeria, Medienleute Kulturschaffende und „Großkopferte“ – lohnt der Salvator den Aufstieg?
Die Paulaner Brauerei ist eine von fünf Brauereien in München, die für sich in Anspruch nehmen dürfen, „Münchner Bier“ zu brauen. Das Anrecht auf diese Bezeichnung erwirbt man sich, wenn man unter anderem Brauwasser nutzt, das aus den tiefen Tertiär-Schichten unterhalb Münchens stammt. Neben dem etwas spleenig wirkendem Lokalkolorit hat diese Regelung auch einen sehr handfesten Aspekt, denn damit ist das sehr lukrative Anrecht auf einen Platz auf dem Oktoberfest verbunden. Außerhalb von Bayern ist die Paulaner Brauerei im Wesentlichen durch Dreierlei bekannt:
- die vom Augsburger Brauhaus Riegele übernommene Rezeptur „Spezi“ trägt mit 1.000.000 hl mehr zum Gesamtumsatz bei als jedes Bier für sich
- unglaubwürdige Behauptungen im Internet kommentiert man mit Bezug auf eine Werbekampagne der Brauerei mit dem Pejorativum „Paulanergarten“
- der Bockbieranstich auf dem Nockherberg mit „Derblecken“ und anschließendem Singspiel ist ein nationales Fernsehereignis

Das Bockbier, das da etwa Mitte März vor allerlei Politprominenz, Medienvertretern und anderer feiner Gesellschaft feierlich angestochen wird, nennt sich, ganz christlich, Salvator, was auf Lateinisch „der Erlöser“ heißt. Der schokoladige Doppelbock, bei dem aus 18,3% Stammwürze schließlich 7,9% Alkohol werden, inspirierte viele Brauer dazu, ihre Duppelbockbiere dadurch kenntlich zu machen, dass sie ebenfalls auf „-ator“ enden. So benannte die Giesinger Brauerei, eine weitere Produktionsstätte von „Münchner Bier“, ihr entsprechendes Produkt Innovator. Sehr minimalistisch näherte sich das eben schon erwähnte Brauhaus Riegele dem Thema: sein Doppelbock heisst einfach Ator 20, wobei sich die Ziffer auf den Anteil der verwendeten Stammwürze bezieht.
Schon beim einschenken macht der Salvator Appetit. Ein schmaler pergamentfarbener Schaum bedeckt ein rot-braunes trübes Bier. Der leicht süßliche Geruch stellt bereits vor dem ersten Schluck das kräftige Malz vor. Im Mund vereinen sich kräftige Schokolade mit dem hintergründigen Aroma von Dörrobst sowie Karamell. Ständig präsent bleibt, trotz aller geschmacklichen Vielfalt, der respektable Alkoholgehalt.
Der Salvator der Paulaner Brauerei hat nicht nur eine lange und mythenbehaftete Tradition, er geht mit seiner sozialen Bedeutung und der gesellschaftlichen Funktion auch über den Wirkungsgrad normalen Bieres hinaus. Der Salvator sollte daher auch immer im Kontext betrachtet werden und laut diesem handelt es sich schlicht um ein bedeutendes Bier, das jeder Bierfreund einmal genossen haben sollte – das geht übrigens nicht nur zur Starkbierzeit.
